Interview mit KMU Online-Händlern: Erfahrungen der Corona-Krise

KMU Online Händler in der Corona Krise
Autor: Harald Neuner // 7min

Zu Beginn der Covid-19-Pandemie haben wir uns alle die Frage gestellt, welche Auswirkungen die Krise auf den Online-Handel haben wird. Folglich fragten wir die Experten der Wirtschaft und der Online-Branche nach den Do’s und Dont’s, die es jetzt zu beachten gilt. Wir haben auf die Krisenexperten gehört. Aber wie geht es eigentlich dem KMU Online-Händler wirklich?

Diesen Einblick haben wir festgehalten, indem wir KMU Online-Händler verschiedener Branchen nach ihren Erfahrungen mit und ihren Learnings aus der Corona-Krise fragten. Die Antworten könnten unterschiedlicher nicht ausfallen.

Experten versus Betroffene

Nun ist es natürlich so, dass sich nicht nur Online-Händler um das Geschäft sorgen. Die Gastronomie trifft die Pandemie beispielsweise viel schlimmer. Wirtschaftliche Sorgen sind aber nur ein Aspekt unserer momentanen Ängste. Geht es in den Medien um die Gesundheit, werden Ärzte und Virologen befragt. Handelt es sich um politische Themen, kommen Politiker und Politikwissenschaftler zu Wort.

Recht früh hat sich aber ein Trend entwickelt, den eigentlich Betroffenen Gehör zu verschaffen. Ob Krankenpfleger, Eltern im Home-Office oder Betroffene von Kurzarbeit: Wir interessieren uns für Individuen und ihre persönlichen Schicksale. Sie teilen unsere Ängste und geben uns vielleicht sogar Mut und Anregungen. Über diese Menschen zu berichten und sie zu Wort kommen zu lassen ist ferner eine Geste der Wertschätzung.

Wir fragen die Betroffenen KMU Online-Händler

Thematisieren Medien die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Online-Handel, werden entweder trockene Branchendaten bekannt gegeben oder aber über große Online-Händler wie Amazon und Zalando berichtet. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Online-Handel finden dagegen nicht viel Gehör. Das wollen wir ändern.

Zurückhaltung in der Modebranche

Die Modebranche gehört nicht zu den Profiteuren der Krise. Nichtsdestotrotz bleibt ein namhafter Online-Händler der Branche zuversichtlich. Die einzige Befürchtung bezieht sich auf die mögliche Länge der Krise:

Als Online Händler haben wir noch etwas mehr Glück als der stationäre Handel. Durch die vielen Ausgangssperren haben diese es sehr, sehr schwer. Wir sind zuversichtlich, dass das Online-Geschäft weiterhin relativ stabil bleibt, zumindest in Deutschland. Vorausgesetzt die Krise dauert nicht all zu lange an. Denn dann wird es auch für den Online Handel schwer, vor allem in der Modebranche. Wer braucht eine neue Jacke, wenn man eh nicht raus geht?

Der Online-Händler reagierte anfangs zwar zurückhaltend auf die veränderte Krisensituation. Dennoch ist er recht schnell auf die Kundenbedürfnisse eingegangen:

Wir waren sehr vorsichtig und wollten keine voreiligen Maßnahmen ergreifen, da keiner weiß, wie sich die Situation mit dem Virus entwickelt. Ansonsten versuchen wir die Kunden auf dem Laufenden zu halten und informieren jetzt auf unserer Website zum Beispiel über die kontaktlose Paketzustellung von unserem Paketdienstleister.

Krisensituationen schärfen den Blick auf das Wesentliche. Für den Online-Händler aus der Modebranche bedeutet das:

Man muss immer auf alles vorbereitet sein! Ich würde mal behaupten, dass die Mehrheit der Menschheit so eine Situation nicht hat kommen sehen und wir auch nicht. Mehrere Produktionsstätten und Rücklagen sind hier das A und O. Rücklagen, um als Unternehmen so eine Krise zu überleben und um das Gehalt der Arbeitnehmer weiter voll zahlen zu können.

Einbruch der Nachfrage nach Eventbedarf

Die Maßnahmen zur Durchbrechung der Infektionskette haben extreme Auswirkungen auf Händler, die Produkte rund um Event- und Partybedarf verkaufen. Laut Stackline sank die Nachfrage nach Event- und Partybedarf verglichen mit dem Vorjahr (März 2019) im März 2020 um 55%. Der Grund hierfür ist offensichtlich, wie uns ein Online-Händler der Branche mitteilt:

Hochzeiten werden storniert bzw. verschoben.

Der Geschäftsrückgang beträgt ist in diesem Fall ganze 80%. Diese Erfahrung wird sich auf das künftige Geschäft auswirken. Auf die Frage, was sich künftig ändern wird, bekommen wir eine klare Antwort:

Uns besser aufzustellen. In verschiedenen Branchen und nicht nur ein Geschäftszweig.

Künftiger Fokus auf das Online-Geschäft bei Sonnen-, Wind- und Sichtschutz

Einige Branchen profitieren von den Ausgangsbeschränkungen. Ein Beispiel hierfür sind Online-Shops mit Produkten rund um Sonnen-, Wind- und Sichtschutz, die mit einer erhöhten Nachfrage konfrontiert sind. Heimwerken ist in der Corona-Krise das Hobby der Wahl. Ein Online-Händler dieser Branche erzählt uns:

Ich habe zwei Standbeine. Zum einen die Installation von Markisen in und um die Region und meinen Shop. Ersteres ist komplett weggebrochen, weil mich keiner sehen will und der Traffic im Shop steigt richtig stark an, ohne dass ich etwas gemacht habe. Jetzt möchte ich deshalb umso mehr tun.

Das stabile Online-Geschäft in dieser Krisenzeit schärft den Blick auf die Digitalisierung und zieht einige Learnings nach sich. Die Konsequenzen der Erfahrungen aus den letzten Wochen kommentiert der Online-Händler wie folgt:

Mehr Online machen. Wir hatten eine schlechte SEO-Agentur, viele Hoster-Wechsel und haben alles vernachlässigt. Zum Beispiel auch, dass wir so ein Tool wie uptain die ganze Zeit schon implementiert, aber nicht voll ausgenutzt hatten.

Verdopplung der Bestellungen bei E-Zigaretten

Zuversichtlich und bestätigt fühlt sich ein Online-Händler, der sich auf den Handel mit Vaporizern spezialisiert hat.

Uns als Online-Händler kommt die Krise absolut zugute. Unser Bestellaufkommen hat sich nach aktuellem Stand fast verdoppelt. Ich denke, wir gehen gestärkt aus der Krise und sehen uns eher bestätigt, dass die Wege, die wir bisher eingeschlagen haben, die richtigen waren. Darauf wollen wir aufbauen.

Die unerwartet hohe Nachfrage führt zu Herausforderungen im Kundensupport, die der Online-Händler jedoch zu meistern weiß.

Aufgrund des höheren Bestellaufkommens haben sich die Supportanfragen entsprechend erhöht und auch im Wareneinkauf müssen wir unsere Abläufe etwas anpassen, um der ungewohnten Nachfrage gerecht zu werden.

Wie erwartet zeigt sich, dass die Krise einige Branchen mehr trifft als andere. In jedem Fall sollten Shop-Betreiber ihren Online-Shop an die momentane Krisensituation anpassen.

Autor_Harald Neuner

Artikelautor

Online Marketing + Content

Harald Neuner

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Harald Neuner ist Co-Founder von “uptain”, der führenden Software-Lösung für die Rückgewinnung von Warenkorbabbrechern im DACH-Raum. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, kleinen und mittleren Online-Shops Technologien zur Verfügung zu stellen, über die bisher vorwiegend die Großen im E-Commerce verfügten. Mit “uptain” ist ihm genau das möglich geworden.

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